Au-pair-Programm in Deutschland in Gefahr: Visa-Chaos bedroht kulturellen Austausch

Seit mehreren Monaten schlagen die Au-pair-Agenturen Alarm, weil die deutschen Botschaften in vielen Ländern eine hohe Zahl von Au-pair-Visa-Anträgen ablehnen - oft ohne nachvollziehbare Begründung. Außerdem müssen Au-pairs bis zu 2 Jahre auf einen Visumstermin warten. In einigen Ländern können Au-pair Bewerber*innen diese Termine nur über dubiose Anbieter im Heimatland zu hohen Kosten erwerben. Die aktuelle Gesamtsituation führt zu finanziellen und emotionalen Belastungen für die Au-pairs, Gastfamilien und Agenturen. 

Gravierende Folgen für Au-pairs, Gastfamilien und Agenturen

  • Au-pairs: Sie verlieren wertvolle Zeit, Geld und die Chance auf eine prägende und bereichernde Erfahrung.
  • Gastfamilien: Sie stehen vor erheblichen Schwierigkeiten bei der Planung des Familienalltags, der durch das Au-pair unterstützt werden sollte.
  • Agenturen: Immer mehr Agenturen müssen ihre Vermittlungstätigkeit einstellen. Ihre Arbeit ist aber wichtig, weil sie die Au-pairs - auch vor Ausbeutung - schützen und die Gastfamilien umfassend beraten und betreuen.
  • Deutschland: Deutschland verliert als Zielland für junge Menschen aus aller Welt an Attraktivität und schadet seinem Image als weltoffenes und gastfreundliches Land. Die Behörden werden durch das Visa-Chaos unnötig belastet. 

Die Forderungen der Dachverbände
Die drei Dachverbände der Au-pair-Agenturen in Deutschland – die Gütegemeinschaft Au pair e.V., die AuPair Society e.V. und die IAPA International Au Pair Association – haben sich in einem gemeinsamen Brandbrief an das Auswärtige Amt, die Bundesagentur für Arbeit und die Fraktionsvorsitzenden gewandt, um auf diese besorgniserregende Entwicklung aufmerksam zu machen. Von den Fraktionen hat nur die CDU reagiert, von den anderen Fraktionen gab es keine Rückmeldung. Das Auswärtige Amt hat bisher nur mit einem langen, aber wenig konstruktiven Schreiben geantwortet, das keine konkreten Lösungsvorschläge für die geschilderten Probleme enthält. Die Dachverbände drängen weiterhin auf einen Gesprächstermin, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln. 

Wir werden weiterhin darauf drängen, dass das Au-pair-Programm transparenter und verlässlicher wird. In diesem Zusammenhang fordern wir:

  • Einheitliche Standards für die Visavergabe: Visaentscheidungen müssen transparent und nachvollziehbar sein. Klare Mechanismen und effiziente Strukturen beugen Missbrauch wirksam vor und optimieren den gesamten Prozess. 
  • Terminvergabe für Au-pairs nur mit Gastfamilienvertrag: Au-pairs, die bereits einen Vertrag mit einer Gastfamilie haben, sollen bei der Visaterminvergabe berücksichtigt werden. Bots und automatisierte Programme, die aktuell sämtliche freien Termine blockieren, um Visatermine teuer an Au-pair Bewerber*innen weiterzuverkaufen, können somit stark eingeschränkt oder sogar verhindert werden. 
  • Enge Zusammenarbeit zwischen Botschaften, Behörden und Agenturen: Nur durch eine enge Kooperation kann eine faire und verlässliche Visavergabe gewährleistet werden.

 Au-pair-Programm als Chance zur Integration und Völkerverständigung
Jährlich sorgen circa rund 15.000 Au-pairs für einen lebendigen Kulturaustausch zwischen Deutschland und ihren Herkunftsländern. Die jungen Menschen zwischen 18 und 26 Jahren aus dem Ausland lernen die deutsche Sprache und Kultur kennen und tragen dazu bei, interkulturelle Vorurteile abzubauen. Dieser Austausch bereichert nicht nur die Au-pairs, sondern auch ihre Gastfamilien und die deutsche Gesellschaft insgesamt.

Durch die Aufnahme eines Au-pairs erleben die Familien eine direkte und bereichernde Begegnung mit einer fremden Kultur, die insbesondere für die Kinder eine wertvolle Erfahrung darstellt. Das Au-pair-Programm unterstützt die Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund und fördert die Toleranz und das Verständnis zwischen verschiedenen Kulturen in einem familiären Umfeld. 

Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Ein Au-pair lebt wie ein Familienmitglied für eine begrenzte Zeit bei einer Gastfamilie in Deutschland. Gegen Kost und Logis sowie ein Taschengeld unterstützt das Au-pair die Familie bei der Kinderbetreuung und leichten Hausarbeiten. Für viele Eltern, insbesondere für berufstätige Frauen, ist ein Au-pair eine wertvolle Unterstützung im Familienalltag, die es ihnen ermöglicht, ihre beruflichen Ziele zu verfolgen und gleichzeitig für ihre Kinder da zu sein. 

Fachkräftemangel
Plötzliche Personalengpässe und verkürzte Betreuungszeiten in Kinderbetreuungseinrichtungen erschweren die Berufstätigkeit vieler Eltern erheblich und verstärken den Fachkräftemangel. 

Bildung und Persönlichkeitsentwicklung
Für die Au-pairs ist der Aufenthalt in Deutschland eine wertvolle Erfahrung, die ihre persönliche Entwicklung fördert und ihre Zukunftsperspektiven verbessert. Einige Au-pairs, entscheiden sich nach dem Au-pair-Aufenthalt für eine Ausbildung in systemrelevanten Berufen wie der Pflege. Sie sind mit der deutschen Kultur und Sprache bereits bestens vertraut. 

Unser Appell an Politik und Öffentlichkeit
Die drei Dachverbände appellieren an Politik und Öffentlichkeit, das Au-pair-Programm zu unterstützen und die aktuellen Herausforderungen ernst zu nehmen. 

Ein gut funktionierendes Au-pair-Programm ist nicht nur ein Gewinn für die beteiligten Familien und Au-pairs, sondern auch ein positiver Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Es gilt, gemeinsam dafür zu sorgen, dass das Au-pair-Programm als wichtiger Bestandteil des kulturellen Austauschs erhalten bleibt und weiter gestärkt wird. 

Für Rückfragen und weitere Informationen stehen Ihnen die Vertreter der Dachverbände gerne zur Verfügung. 

Über die Dachverbände
Die Gütegemeinschaft Au pair e. V. hat den Zweck, die Güte von Vorbereitung, Vermittlung und Betreuung von Au-pair-Aufenthalten zu sichern und Agenturen, deren Güte gesichert ist, mit dem RAL-Gütezeichen Au pair zu kennzeichnen. Die Gütegemeinschaft Au pair e. V. wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gegründet.

Die AuPair Society e.V. wurde im Jahre 2000 gegründet und setzt sich von Anfang an für eine qualitativ hochwertige Umsetzung des Au-pair-Programms in Deutschland ein. Dabei stehen die Beratung und Betreuung der jungen Erwachsenen und Gastfamilien im Mittelpunkt, um Missbrauch vorzubeugen. Der Bundesverband verfügt über ein bundesweites Netz an Mitgliedsagenturen, die im Notfall sehr eng zusammenarbeiten. Ziel der hohen Qualitätsstandards ist es, Sicherheit und Transparenz für Au-pairs und Gastfamilien zu gewährleisten.

Die IAPA International Au Pair Association e.V. setzt sich seit über 30 Jahren für die Entwicklung des Au-pair-Wesens weltweit ein. Derzeit gehören über 150 Agenturen und Organisationen aus rund 40 Ländern zu ihren Mitgliedern. Die Mitgliedsagenturen verpflichten sich zur Einhaltung von Qualitätsstandards in der Au-pair-Vermittlung und -Betreuung sowie zur Kooperation mit internationalen Partnern.

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